Bild der Wissenschaft 8/2014 (Auszug)
Werden Bildschirme und Displays bald das Buch ersetzen? Auf diese Frage geben Wissenschaftler widersprüchliche Antworten. Eines aber scheint sicher: Unser Leseverhalten wird sich angesichts der digitalen Möglichkeiten in Zukunft stark ändern.
Elektronische Lesegeräte wie der Kindle von Amazon oder Tablet-Computer scheinen bei deutschen Lesern nicht besonders beliebt zu sein. Die meisten geben in wissenschaftlichen Studien an, Texte lieber auf Papier als auf Bildschirmen und Displays zu lesen. Diese Vorbehalte beschäftigen vor allem Hersteller von E-Books, die nach wie vor mit einem Akzeptanzproblem zu kämpfen haben: Fünfzehn Jahre nach Markteinführung beträgt der Marktanteil von E-Books in Deutschland nur zwei Prozent, in den USA liegt er dagegen zehnmal höher.
Lesen wir besser auf Papier? Auf diese Frage gibt die Wissenschaft kontroverse Antworten: Während eine Reihe von Studien ergeben, dass sich Menschen beim Lesen am Bildschirm nicht so recht konzentrieren können, weil sie sich von der Technik ablenken lassen, finden andere durchaus Vorteile. So ergab 2011 eine Lesestudie der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität, dass älteren Menschen das Lesen an Tablet-PCs leichter fällt als auf Papier, weil sie die Schriftgröße bestimmen können. Eine Studie der Harvard Universität, die Ende 2013 im Magazin Plus One erschien, erwies zudem, dass es Kindern mit Leseschwäche häufig besser gelingt, Texte am Tablet-PC zu entziffern als auf Papier.
Besonders für den Freizeitbereich liegen bisher nur wenige Studien vor. Lange Zeit war das keine Frage, weil die meisten Menschen den Computer mit Arbeit verknüpfen. Wer Feierabend hatte, war froh, „die Kiste“ ausschalten und zum Buch greifen zu können. Mit dem Computer kann man sich nicht entspannt aufs Sofa legen, auch nicht so recht mit einem Laptop, wohl aber mit E-Reader und Tablet-PC. Sie eignen sich durchaus für gemütliches und bequemes Schmökern in jeder Lage.
Dennoch bevorzugen viele Leser auch in ihrer Freizeit das gedruckte Buch, wie eine Studie der Uni Nottingham in Zusammenarbeit mit Microsoft Research ergab: Die Probanden nutzten gedruckte Bücher, wenn ihnen der Lesestoff wichtig war, digitale Bücher dagegen schienen ihnen eher für weniger wertvolle Inhalte bestimmt zu sein, zumal ihnen das E-Book das Gefühl vermittelte, das Buch nicht wirklich zu besitzen. Die elektronische Form scheint zu wenig greifbar zu sein, während sich zu gedruckten Bücher eine emotionale Bindung aufbauen ließe. Dazu kamen praktische Probleme: ein E-Book kann und darf man nicht verleihen, zudem lassen sich nicht alle Formate auf allen Geräten öffnen, was die Sorge nährt, womöglich in einigen Jahren keinen Zugriff mehr zu haben. Auch der Überblick bei oft hunderten gespeicherten Büchern überfordert manche Leser: Während ein Bücherregal einer intuitiven Ordnung gehorcht, kann sich der Inhalt eines elektronischen Gerätes in ein undurchschaubares Sammelsurium verwandeln.
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Wieso besitzt Haptik für den Leser einen so zentralen Wert? Weil es Menschen offensichtlich leichter fällt, Dinge zu „begreifen“, wenn man sie anfassen kann. Das jedenfalls hat Eva Hornecker, Professorin für Mensch-Computer-Interaktion an der Bauhaus-Universität Weimar, beobachtet: Sie erforscht, wie man reale Modelle zum Anfassen mit Simulationsprogrammen im Computer verknüpfen kann, um Menschen das Begreifen und Lernen eines neuen Stoffes zu erleichtern. „Haptik ist wichtig für das Verstehen“, sagt sie. Am deutlichsten sieht man das bei Kindern, zum Beispiel in der frühen Phase, in der sie wieder und wieder Gegenstände fallen lassen, um die Schwerkraft zu verinnerlichen. Vielleicht liegt darin der Schlüssel für die Tatsache, dass elektronische Texte vielen Menschen zu wenig greifbar sind. In Büchern können sie Seiten knicken oder Stellen mit dem Stift markieren. Viele erinnern sich sogar daran, ob sie etwas auf einer rechten oder einer linken Seite gelesen haben und finden die Stelle beim Durchblättern schnell wieder. Das alles geht mit E-Books nicht.
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– Der gesamte Text darf leider aus rechtlichen Gründen hier nicht erscheinen – deshalb hier nur ein Auszug: Weiterlesen in Bild der Wissenschaft 06/2014 –
von Eva Wolfangel